Lauftipps

Der Berg ruft!

Berglauftrainingstipps von Wolfgang Münzel.

Wolfgang Münzel ist der Berglauf-Fachwart des Deutschen Leichtathletik-Verbandes und weiß wovon er schreibt. Zu seinen größten Erfolgen in seiner langen Karriere gehören bei acht Berglauf Weltcup Einsätzen im Nationaltrikot der dritte Platz beim Berglauf Weltcup in Keswick 1988 und ein vierter Platz in Lenzerheide 1987. In Isny wurde der gelernte Lehrer und vielseitige Langstreckler 1990 Deutscher Berglaufmeister.

Suchst du neben dem Lauferlebnis auch das besondere Naturerlebnis, oder willst du Wettkämpfe bestreiten ohne eine bestimmte Zeit laufen zu müssen, dann bietet dir der Berglauf eine ideale Möglichkeit dazu. Auch unter gesundheitlichen Aspekten liegt das Berglaufen deutlich vor dem Straßenlauf, denn durch Bergauflaufen werden die Gelenke, Sehnen und die Muskulatur wesentlich weniger belastet. Zudem ist das Tempo am Berg geringer und der Untergrund (Waldboden, Wiese) meist weicher. Auch das Vorurteil, dass „Flachländer" schlechte Bergläufer sind, also keine Chance gegen die „Bergziegen" haben, die in den Bergen leben und trainieren ist längst widerlegt. So zählen z. B. „Flachländer" wie Wohllebe, Dold, Greger oder Steidl bei den Männern und Baumgartner, de Pay, Lindner und Sonntag bei den Frauen zu den besten Bergläufern/innen in Deutschland. Auch die Ergebnisse der letzten Jahre bei Deutschen Meisterschaften Aktive und Senioren zeigten eindrucksvoll, dass viele Klassensieger absolute Neulinge ohne Erfahrung im Berglauf waren. Dies lässt vermuten, dass das Training eines Bergläufers sich gar nicht so sehr vom Training des Straßenläufers unterscheidet.
Wie gestaltet man konkret das Training, um für die Berglaufsaison bestens gerüstet zu sein?
Das Ziel eines jeden ambitionierten Läufers bzw. Läuferin ist das erreichen der Bestform zu den Saisonhöhepunkten. Für Bergläufer/innen heißt das, dass die Herausbildung der Wettkampfform bis zu den Monaten Mai oder Juni abgeschlossen sein sollte. Da aber die Berglaufsaison bis in den Oktober hineinreicht, gilt es diese Form entsprechend zu stabilisieren. Deshalb ist es nach einer Wettkampfphase von etwa sechs Wochen erforderlich einige Wochen regenerativ zu trainieren, um dann nochmals für die zweite Saisonhälfte in Form zu kommen.

In der VP 1 (s. Tab.) geht es darum, durch Grundlagentraining wie z. B. extensive Dauerläufe, Geländeläufe mit leichter und mittlerer Intensität oder Skilanglauf die aerobe Ausdauer und die Kraftausdauer zu stärken.
In der VP 2 wird das Tempo gesteigert. Hügelläufe, Berganlaufen mit Wiederholungen und auch Radfahren ergänzen das Training sinnvoll. Bis zur Wettkampfphase kann das Training von Bergläufern weitgehend identisch mit dem Training von Straßenläufern sein. In der Wettkampfphase bringen nun einige bergspezifische Trainingselemente dem leistungsorientierten Bergläufer den besonderen „kick". dazu gehört z. B. Stufen- bzw. Treppenlaufen in Weinbergen, Berganläufe bei 10 % Steigung von 2-3 Minuten Dauer und 3-5 Wiederholungen. Berganfahren mit dem Bike bis zu 10 Minuten mit 2-3 Wiederholungen. Sprungläufe bergan 3-5 mal 50 Sprünge einmal pro Woche. Teilnahme an Bergsprints 3-5 km mit etwa 400 Höhenmetern.
Für „Flachländer" bietet sich eine Höhenanpassung im Gebirge an. Vor einem Berglauf im alpinen Raum, wo das Ziel höher als 2000m liegt, empfiehlt es sich etwa 2-3 Wochen vorher für 4-5 Tage ein langes Wochenende in den Bergen zu verbringen (z.B. Oberbayern, Allgäu, Davos, St. Moritz). Die neue Laufumgebung, das Bergpanorama verleiten ganz besonders zu intensiven Trainingsläufen. Doch sollte man stets beachten, dass man in 2000m Höhe nicht vom ersten Tag an mit der gleichen Intensität wie im Tal trainieren darf. Das Training kann durchaus 3-4 Stunden betragen, doch sollte man Laufen und Wandern kombinieren und darauf achten, dass der Maximalpuls den Wert von 150-160 nicht überschreitet. Hierbei ist der Einsatz von Pulsmessgeräten sinnvoll.
So kann man am ersten Tag die flachen Passagen laufen und die steilen Hänge zügig nach oben wandern. Am zweiten oder dritten Tag kann man das Spielchen umdrehen.
Grund: In etwa 2000m Höhe geht der Puls auch bei zügigem Wandern rasch auf Werte über 150 Schläge pro Minute. Ideal ist es täglich eine Einheit mit dem Bike durchzuführen. Am letzten Tag kann man eine wettkampfähnliche Belastung laufen, z. B. 10km mit 600 bis 800m HD.
Beachte: im Gebirge Sonnenschutzcreme (Faktor 15-20) und Kopfbedeckung eine absolute Notwendigkeit und das Mitführen von Getränken beim Training obligatorisch. Nach diesem Aufenthalt müssen die nächsten Tage zuhause regenerativ (Sauna, Schwimmen, Massage, leichte Dauerläufe) verbraucht werden.
Zwei Wochen später sollte der Trainingszustand und das Vertrauen in die eigene Leistung groß genug sein, um beim Saisonhöhepunkt topfit zu sein.
Natürlich darf Dehnungs- und Kräftigungsgymnastik auch bei Bergläufer/Innen nicht fehlen (2-3 Mal pro Woche). Vor allem auf die Kräftigung der Rücken- und Rumpfmuskulatur sollte besonders geachtet werden, da der Körperschwerpunkt beim Berglaufen anders liegt als beim Straßenlauf. Berglaufneulinge klagen nach dem Wettkampf häufig über Beschwerden im Rückenbereich. Dieses Phänomen wird jeder, der Bergläufe bestreitet, immer wieder feststellen: Am Tag nach dem Wettkampf ist man muskulär unheimlich locker. Trotzdem sollte man sich nicht zu schnellen Läufen hinreißen lassen, denn Kraft hat der Berglauf allemal gekostet. Also die nächsten Tage schön „piano" laufen! Dann steht dem nächsten Berglauf binnen Wochenfrist nichts mehr im Wege. Wer meint in der Wettkampfphase auf seine gewohnten langen Dauerläufe nicht verzichten zu können, sollte diese ab und zu durch längere Bike - Einheit ersetzen, aber bitte nicht „Full power", sondern locker mit hoher Trittfrequenz fahren! Nachfolgend eine kleine Jahresplanung welche skizziert auf eine evtl. Jahresplanung hinweisen soll.

Die Jahresplanung kann wie folgt aussehen:

Vorbereitungsphase (=VP) 1 von November bis Januar
Vorbereitungsphase 2 von Februar bis April
Wettkampfphase 1 von Mai bis Juni
Regenerationsphase 1 im Juli oder August
Wettkampfphase 2 August bis September
Regenerationsphase 2 im Oktober
Ein Verschieben der Phasen um einen Monat ist möglich.


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